Samstag, 23. Juli 2016

Todesangst

Der Berg ist besiegt, die Asche von meinem Haupt, ich bin ausgeschlafen, habe gut gegessen und mache mich am späten Vormittag auf den Weg von der Insel Tanna nach Norden zur Hauptstadt von Vanuatu, nach Port Vila. Etwa 135 Seemeilen liegen vor mir, also eine perfekte Distanz für einen gemütlichen 1-Tages Törn.

Gegen 01:00 in der Nacht, und es ist eine stockdunkle Nacht, kein Mond, keine Sterne, stark bewölkt, allerdings sehr guter Wind, sowohl von der Stärke als auch von der Richtung, sehe ich vor mir ein weißes Licht. Theoretisch bedeutet das dass ich ein anderes Schiff vor mir habe welches ungefähr die gleiche Richtung fährt und ich sehe sein Hecklicht.
Die Erfahrung hat mich allerdings gelehrt dass das nicht immer so sein muss und speziell Fischer oft die Lichterführung „vergessen“ oder nicht so ernst nehmen. Etwa 10 Minuten später kontrolliere ich wieder wohin der Weggenosse sich bewegt und tatsächlich ist das weiße Licht erheblich näher gekommen. Der kommt mir entgegen, das Licht ist kein Navigationslicht, sondern ein ordentlicher Scheinwerfer. Naja er fährt eine gerade Linie etwa 300 Meter links von mir also alles klar. Ich warte aber lieber bis er an mir vorbei ist und ich mir keine Sorgen mehr machen muss ob was passiert. Doch soweit kommt es nicht.

Als er nur mehr vielleicht 200 Meter vor mir ist, schwenkt er plötzlich seinen Bug genau auf mich und fährt mit Volldampf auf mich zu. Ja spinnt denn der komplett!!! Ich leuchte mit der eingesteckten Taschenlampe in die Segel damit er mich besser sehen kann, obwohl ich mir ganz sicher bin der weiß von meiner Existenz. Vielleicht noch 100 Meter, das ist kein kleiner Fischer, der ist riesig! Ich hänge den Autopiloten aus und ändere meinen Kurs um ca. 30 Grad um von ihm weg zu kommen und auch um ein wenig zu beschleunigen. Er bleibt stur auf Kollisionskurs, verdammtes Arschloch, ich bin kurz vorm Herzinfarkt. Knapp hinter mir rauscht er vorbei dreht eine 180 Grad Schleife und kommt jetzt von der anderen Seite auf mich zu. Ich weiß nicht wie ich wegkommen soll. Ich will nicht zum Funk, weil da müsste ich auf Autopilot schalten und ins Boot und vielleicht 1 – 2 Minuten oder noch länger warten bis er sich meldet, was er sicher nicht getan hätte, diese Zeit habe ich nicht. So kann ich wenigstens reagieren auf seinen Kurs.
Bis auf 30-40 Meter rauscht er an mich heran, dann bleibt er plötzlich stehen. Strahlt mit allen Scheinwerfern auf mich und langsam wird die Distanz zwischen uns größer.

Ich brauche dringend was zu trinken, schwitze stark obwohl es eine angenehme Temperatur hat. So gefürchtet habe ich mich schon ewig nicht mehr, das war echte Todesangst. Meine Gedanken gehen wie wild im Kreis, was habe ich falsch gemacht, was hätte ich tun sollen, was kann ich in Zukunft bei ähnlichen Situationen machen? Und vor allem warum hat der das gemacht?

Ich versuche später in Port Vila heraus zu finden wer das gewesen ist, doch leider erfolglos.


Freitag, 15. Juli 2016

Der Feuerberg


 


 Die Hauptattraktion auf der Insel Tanna ist der Mt. Yasur.

 
In den Reiseführern wird der Feuerberg als der am leichtesten zugängliche aktive Vulkan der Welt angepriesen. Und da haben die Schreiberlinge nicht ganz unrecht, es ist wirklich einfach, denn man wird mit einem Pickup Truck über einen doch sehr abenteuerlichen „Naturweg“ bis fast zum Kraterrand gefahren. 

Danach noch ca. 15 Minuten Anstieg und schon kann man in des Teufels Rachen sehen.

 


Zuerst gibt es am Sammelplatz noch eine kleine Zeremonie mit einem Tanz, einer Erklärung warum der Berg so grummelt und was er uns sagen will, und jeder bekommt eine einsame Blume um den Hals gehängt damit der Berggeist auch weiß dass wir die Guten sind und alle den horrenden Eintrittspreis (eine Tageskarte zum Skifahren im teuersten Skigebiet Österreichs ist sehr billig dagegen) bevor er uns dann verschlingt oder mit seinen rot glühenden Innereien übersät, oder.... was weiß ich was sich der noch für Überraschungen ausgedacht hat.



 












Und hier heroben ist es kalt. Während unten am Meer und auch am Sammelplatz noch angenehme 29 Grad herrschten, haben hier am Mt. Yasur bis auf ganz wenige Ausnahmen alle eine warme Überkleidung angezogen. Der Wind pfeifft, der Schwefelgeruch aus dem Inneren des Berges ist allgegenwärtig, Rauchschwaden steigen aus dem Berg und sobald sie den Kraterrand erreichen werden sie waagrecht weggeblasen.


Doch wenn man dann oben steht am Rand und direkt in die glühende Lava blickt, mein Gott, schon ein Wahnsinns Anblick. Immer wieder werden rot glühende Gesteinsbrocken in die Luft geschleudert. Doch dann kommt ein ganz tiefes lautes Grummeln und Donnern, was ist jetzt los? Und mit ein paar Sekunden Verzögerung weiß ich was los ist, ein Furz, der Berg hat einen Furz gelassen! Und nicht nur das, da kommt auch jede Menge Material mit, es stinkt erbärmlich, doch der Anblick ist einfach grandios. Weiß, gelb, rot in allen Farbschattierungen dazwischen leuchtet dieses Naturwunder, streut seine Innereien über den Berg und oben am Kraterrand stehen 40 Menschen mit offenen Mündern und Staunen wie kleine Kinder zu Weihnachten.




Eine halbe Stunde bleibe ich oben, dann bin ich so voll Asche dass ich kaum noch atmen kann. Überall in jeder Öffnung, Nase, Mund, Augen, Ohren, Haaren, Augenbrauen und sogar in den ersten Falten hat sich die Asche eingenistet.
Auf dem Rückweg holpern und poltern wir wieder auf der Ladefläche des Trucks nach unten, zurück nach Port Resolution in stockfinsterer Nacht.
Jetzt noch versuchen mit dem Dingi unfallfrei durch die zahlreichen Korallenblöcke hindurch bis zum Boot zu kommen. Den Rucksack auf die Badeplattform, ebenso das Gewand und dann in meiner ganzen Pracht sofort ins Wasser gehüpft und eine Runde ums Schiff geschwommen bis der gröbste Dreck weg ist.


Heute habe ich mir wieder mal einen ordentlichen Schluck Rum, aus meiner letzten Flasche aus Panama, vor dem Schlafen gehen verdient. Ich sitze noch eine Weile im Cockpit bis mir eiskalt ist, lasse die Eindrücke Revue passieren und grinse wie ein kleines Kind. Ein schöner Tag ist zu Ende, ab in die Heia.

Samstag, 9. Juli 2016

Aneythum


 


Aneythum oder Anatom Island wie sie auch genannt wird ist die südlichste große Insel Vanuatus.




Es gibt hier nicht viel außer – Insel. Keine Strassen und daher auch keine Autos, oder umgekehrt, das weiß ich jetzt nicht so genau. Das größte Vehikel das ich gesehen habe war eine Scheibtruhe. Reicht ja auch völlig aus um ein wenig Obst oder Gemüse vom Garten nach Hause zu karren, oder die Baumaterialien wie Baumstämme, Palmblätter usw.



Trotzdem gehört Aneythum zu den reichsten Inseln, zumindest das südlichste Dorf Anelghowhat. Grund dafür sind die Kreuzfahrtschiffe die in regelmäßigen Abständen hier vorbeikommen und dann in der großen, gut geschützten Bucht für einen Tag ankern.



Allerdings gehen nur wenige der Kreuzfahrer zum Dorf, der Großteil der Meute wird zur Mystery Island gebracht. Ein kleiner Sandfleck etwa 1000 x 100 Meter groß wird dann zur Geldmaschine.








 

Lange Verkaufsstände sind fix installiert und werden mit Schmuck und Schnitzereien, T-shirts, Sonnenbrillen und 100 anderen unbedingt notwendigen Dingen, alle Made in China, vollgestopft. 

Dazu natürlich jedes erdenkliche Touristik Angebot vom Schnorchelausflug über Segeln im Einbaum, Schildkrötenfüttern bis hin zum Pass abstempeln ist alles dabei. Am Abend wird wieder eingepackt, Geld gezählt, ein paar Schalen Kava getrunken und fertig, zurück in die Hütte.

Zum Glück war gerade keines dieser Riesenschiffe da als ich dort vor Anker lag. Mystery Island war völlig vereinsamt, außer einer kleinen Katze die wohl jemand dort vergessen hat.

























 Ja und da das touristische Angebot so völlig fehlte, musste ich mich dann auch noch selbst in den Kochtopf stecken.







Mittwoch, 6. Juli 2016

Tanna


Ich lege einen Ruhetag ein, spaziere nur ein wenig im Ort herum, erfreue mich an interessanten Gebäuden wie dem Baumhaus oder der Tankstelle, kaufe ein bisschen Obst, und bin bald zurück am Boot.

Am Abend höre ich von vorne an den Rümpfen komische quietsch Geräusche und schaue nach. Der Hahnepot ist extrem gespannt, die Kette geht senkrecht nach unten, nichts rührt sich, die beiden Büge sind vorne schon 10cm tiefer ins Wasser gezogen als normal. Die Kette hat sich an einem Korallenblock verhängt genau als sie kurzstag war und die kommende Flut hat das Boot immer tiefer gezogen. Ich habe keine Chance die Kette nach zu lassen, also checke ich die Tide und sehe dass das Wasser ab jetzt wieder auslaufend ist. Also 2 Stunden warten dann kann ich den Hahnepot aushängen und ein paar Meter Kette nachlassen. Irgend etwas wäre früher oder später gebrochen, entweder die Kette, der Hahnepot, der Haken, die Klampen am Schiff, die frontbeam Halterung,... noch mal Glück gehabt.
Am nächsten Tag dann hole ich mir einen jungen einheimischen Burschen zum tauchen damit er die Kette befreit, während ich am Boot die Kette rauf/ runter gebe bzw. mit Motor nach vorne und zurück fahre bis alles wieder entwirrt ist. Ich habe am Markt einen Schweizer mit seiner Kolumbianischen Frau getroffen die ich schon von Neuseeland her kenne. Ihr Boot ist ein Wharram Katamaran, 35 Fuß lang, natürlich selbst gebaut, das Auffälligste ist sicher das Rigg. Sie sind in Port Resolution verankert also auf der anderen Inselseite.


Ich beschließe auch dorthin zu segeln, da hier das Boot so dermaßen verdreckt mit der ganzen Asche vom Vulkan. Um 16:30 weiß ich dass ich es nicht schaffe bis in die kleine Bucht bei Tageslicht zu kommen. An der Südspitze von Tanna habe ich 3 Knoten Strömung gegen mich und fast 20 Knoten Wind gegen an. 


Also beschließe ich, da der Wind gerade ein wenig mehr auf Osten dreht, nach Anaythum zu segeln, die südlichste Insel Vanuatus, etwa 42 Meilen nach Südsüdost. Ja und um 03:30 bin ich dann hier endlich angekommen. Hier ist auch eine Nachtansteuerung problemlos möglich da die Karten stimmen, während in Port Resolution wieder mal alles falsch ist. 
 




Das Grün ist Koralle und das Gelbbraune ist Land. Das heißt lt. Seekarte parke ich wieder mal hoch über den Klippen mit meinem Schiffchen.