Freitag, 28. Dezember 2012

Arbeiten

Arbeit

Nach der ersten Nacht wieder zu Hause auf dem Boot, nachdem der Großteil des Gepäcks halbwegs verstaut ist, beginne ich mit den Arbeiten. Leider muss ich schnell feststellen dass nicht alles so wunderbar in Ordnung ist wie es den Anschein hatte.
Zwei der wichtigsten Dinge an Bord funktionieren nicht. Die Batterien sind komplett hinüber, da ist gar nichts mehr zu machen. Ich verwende 4 Stück 6 Volt Batterien und durch Messungen versuche ich die 2 raus zu finden welche die eingespeiste Leistung noch am Besten halten können. Dies ist wichtig weil eine einzige sehr tief entladene Batterie kann das ganze System nach unten ziehen und dann hätte ich anstatt mehreren Stunden Strom in der Nacht für die Fahrt nach Tahiti nur Strom für 2-3 Stunden.

Das Zweite lebensnotwendige Gerät welches nicht funktioniert ist der Kühlschrank – warmes Bier, einfach unvorstellbar. Ich habe den Verdacht dass etwas von dem Gas (Kältemittel) entwichen ist und dadurch die Laufzeit extrem lange geworden ist. Er schaltet fast nicht mehr aus, sondern läuft und läuft und läuft......bis eben die Batterie leer ist. Vielleicht war das ja auch der Grund warum die Batterien jetzt hinüber sind. Hier in der Werft kann ich nichts machen, da gibt es kein Kältemittel zu kaufen, keinen Fachmann der das reparieren könnte. Entweder man hat das nötige Ersatzmittel an Bord oder sonst muss die Reparatur eben warten bis Tahiti. 2 Tage später jedoch als ich den Kühlschrank einer Generalreinigung unterziehe, sehe ich dass der Fühler vom Thermostat nicht richtig in seinem Gehäuse ist, sondern nur mit dem letzten Spitzerl gerade noch dranhängt. Wenn man am Thermostat dreht schaltet er zwar, misst aber eine völlig falsche Temperatur. Also den Fühlerdraht ganz einfach ordentlich in seiner Halterung platziert und schon läuft der Kühlschrank wieder normal wie eh und je. Manchmal hat es auch seine Vorteile wenn man nicht alle Ersatzteile an Bord hat. Sonst hätte ich aus einem funktionierenden Kühlschrank vielleicht einen echten Reparaturfall gemacht.

Die Tage in der Werft sind ausgefüllt mit Arbeit, Moskitos killen, Essen, Arbeit, Moskito killen, Essen, Moskito killen, Moskito killen, Moskito killen,..... so ungefähr ist der Tagesablauf. Von 05:00 in der früh bis 10:00 vormittags sind die Plagegeister unterwegs, millionenfach. Dann wird es ihnen zu heiß und sie verziehen sich bis gegen 16:30 wo sie pünktlich wieder erscheinen um mir und den wenigen anderen Überlebenden auf der Insel das Leben bis gegen 20:00 abends schwer zu machen.
Ich habe endlich auch Gelegenheit den Schaden der bei der Überfahrt von Panama zu den Galapagos Inseln durch den riesigen Baumstamm entstanden ist (siehe ältere Post's), ordentlich zu reparieren. Außerdem alle Stellen am Unterwasserschiff die mir Osmose verdächtig erschienen sind, werden peinlichst genau auf geschliffen, kontrolliert und wieder viel lagig mit Epoxilaminat und entsprechendem Farbaufbau versiegelt. Keine der Stellen hat sich zum Glück als Osmoseherd entpuppt.
Aus Österreich habe ich auch neue Ruderlager mitgebracht die jetzt getauscht werden. Der Motor erhält ein komplettes Service, der Dingi Motor wird wieder gangbar gemacht, Teile des Lackes werden abgeschliffen und mit 2 Lagen Primer und 2 Lagen Anstrich neu gestrichen, alle Holzteile und der Cockpittisch werden komplett bis auf den Grund abgeschliffen und 4 fach neu versiegelt, und eine Unmenge an Kleinarbeiten erledigt.
Irgendwann ist auch die an die Substanz gehende Arbeit in der Tropenhitze zu Ende – auch Nachts selten unter 30 Grad – und CHI kommt wieder ins Wasser.

Der Wind ist günstig und 2 Tage später starte ich nach Tahiti um Ersatzteile zu besorgen und einen Großeinkauf zu machen. Kaum habe ich die Lagune verlassen schon geht das Sauwetter los. Statt versprochenen 12-14 Knoten Ostwind, weht es mit 25 Knoten aus Westen dazu heftige Schauer. Die nächsten 2 Tage sehe ich so gut wie keine Sonne, den Kühlschrank habe ich erst gar nicht eingeschaltet denn ich brauche jedes verfügbare Ampere für den Autopiloten, die Navigationslichter, Funkgerät und das GPS. Alles andere ist abgeschaltet und ich hoffe inständigst dass die Batterien noch so viel Strom hergeben um bis Tahiti durchzuhalten. In der Zweiten Nacht gegen 02:00 Uhr morgens ist dann Schluss, es heißt von nun an händisch steuern. Kurz nach 04:00 kommt eine schwarze Wand auf mich zu gerauscht. Ich drehe fast in den Wind, fixiere die Steuerung, binde das 2. Reff ein und mit einem Höllentempo geht es bei 35 Knoten Windie Wellen über den Bug und ich hoffe dass diese Front bald vorbei ist. Das nächste Problem bei die nach Süden. Ich müsste eigentlich um 20 Grad weiter nach Steuerbord segeln, dann habe ich aber dsem Kurs heißt Tahiti und liegt genau südlich von mir, nicht mehr allzu weit entfernt. Ich kann nur leider im Moment keine Standortbestimmung machen denn bei dem Wind kann ich die Pinne nicht loslassen ohne dass das Boot in den Wind schießt oder eine Patenthalse macht. Laut meiner Schätzung müsste ich noch ca. 12 Meilen entfernt sein, bei dem Tempo der letzten beiden Stunden – nie unter 9 Knoten – könnten es aber auch nur mehr 5 Meilen oder weniger sein. Bei gutem Wetter kann man den 2000 Meter hohen Hausberg Tahitis bereits aus über 50 Seemeilen sehen, ich sehe aber nur dunkelgraue Wolkenmassen. Dann endlich schwindet eine kleine Ecke der Wolke und ich kann den nordwestlichen Zipfel Tahitis erkennen. Sofort ändere ich meinen Kurs und praktisch im gleichen Moment dreht sich auch der Wind in eine günstige Richtung, es hört zu regnen auf, die Wolken verziehen sich und Tahiti wird in seiner ganzen Größe sichtbar. 2 Stunden später mache ich an einer der zahlreichen Bojen vor der Taina Marina südlich von Papeete, der Hauptstadt Tahitis, fest. Was eine lockere Fahrt bei besten Wetterverhältnissen hätte werden sollen hat mich ordentlich geschlaucht.




Samstag, 22. Dezember 2012



Zurück nach Hause (CHI), mitte Oktober 2012

Ich bin wieder unterwegs, vorerst aber nicht mit dem Schiff. Aufstehen Samstag um 03:45 und ein Letztes gemütliches Frühstück. Soweit bei angenehmen 11 Grad Raumtemperatur (ich habe in der Nacht vergessen das Fenster zu schließen) Gemütlichkeit aufkommen kann.

 Dann ab mit meinem zerwuzelten und verbeulten Blauen Flitzer den mir Andreas während des Sommers überlassen hat. Es geht nach München als erstes das Auto retournieren und schon stellt sich das erste kleine Problemchen ein. München ist halt doch kein Dorf denn schon beim Autobahnende erwische ich die falsche Abzweigung und eine Stunde sinn- und orientierungslos im Kreis fahren beginnt. Dann rufe ich doch besser bei Andreas an und frage ihn nach dem Weg. Überraschenderweise bin ich gar nicht so weit weg von ihm. Er bringt mich dann zum Flughafen und kurz darauf bin ich in London, wo ich 3 herrliche, angenehme Tage verbringe. Auch die schönste Zeit ist mal zu Ende und der große Blechvogel soll mich Richtung Südsee bringen. Beim Einchecken hapert es aber dann auch schon wieder. Mein Flug sollte via London – Hongkong - Auckland nach Papeete (Tahiti) gehen, doch die nette Dame am Schalter erklärt mir dass mein Ticket über Los Angeles führt. Für den Normalbürger kein wirkliches Problem, für mich schon. Die Amis sind ja meine Lieblingsfeinde und lassen mich nicht mehr in ihr Land, Transit gibt es keinen, also kann ich auch nicht über Los Angeles fliegen. Also ab zum Ticket Schalter und mit charmantem Lächeln und Sprüchen versuchen die Umbuchung so billig wie möglich zu bekommen. Ganz umsonst war es dann doch nicht, 50 Pfund wechseln den Besitzer und ich darf dann doch über Hongkong und Auckland nach Tahiti fliegen.


Nach vielen, vielen Stunden in Abfertigungshallen, Warteschlangen und natürlich eingezwängt in engen Sitzen im Flieger komme ich dann doch in Tahiti an. Lästig vor allem die ewigen Kontrollen, Kontrollen, Kontrollen.....insgesamt musste ich meinen Rucksack 11mal ausräumen. Gut der Inhalt war natürlich Terror verdächtig. 2 Laptops, 3 e-book reader, 3 externe Festplatten, ein paar Kleinigkeiten und das höchst suspekte Ding war mein Ruderlagengeber. Ein etwa 30cm langes Metallstangerl mit einem Kabel am Ende, dazu gepackt in einer Luftpolsterfolie habe ich dann auch noch eine WLAN Antenne mit Verstärker. Für den jeweiligen Kontrolleur sah das sicher aus wie eine Rohrbombe und die Antenne, Kabel, Verstärker das war bestimmt für die Fernzündung......

 



Mittwoch in der Nacht komme ich also in Papeete an und bleibe 3 Tage bei meinen österreichischen Freunden Hannes und Christine auf deren Schiff Optimist, einem 15 Meter Katamaran. Sie haben das Boot erst vor nicht allzu langer Zeit erworben und sind noch immer beim optimieren der Ausstattung. So hat das Boot einen riesigen drehbaren Mast, dessen Verstagung etwas kompliziert zu handhaben ist. Hannes vereinfacht das System nun mit Dyneema Leinen. Für die beiden sind übrigens auch 2 der 3 e-book reader und die WLAN Antenne. Nicht alles was man so mitschleppt wenn man von Österreich wieder zum Boot fliegt ist für den Eigenbedarf. Es gibt immer andere Segler die dringend etwas brauchen und es ist selbstverständlich dass man das, wenn irgend möglich, mitbringt.

Am Sonntag in der Früh geht’s dann endlich nach Apataki zu meinem Boot.
CHI steht noch da wie ich ihn verlassen habe, die Tür ist natuerlich nicht verschlossen, der Geruch der mir entgegen kommt ist nicht gerade Frischluft, aber auch nicht der Gestank abgestandener, fauliger Luft wie meistens nach monatelanger Abwesenheit. Kaum Schimmel im Inneren, nirgends sind Wasserlachen zu sehen – ich bin begeistert.