Wieder ist es spät geworden auf den
nur 180 Seemeilen zwischen Puluwat und Lamotrek. Für 14 Stunden hat
einfach der Wind mit dem Regen den Platz getauscht und ich bin nur
mit 2-3 Knoten durch den Pazifik gedriftet und daher um 2 Stunden zu
spät beim Pass. Doch der Mond scheint hell, der Pass ist weit und
ich wage es durch zu segeln und dann bis zum Ankerplatz zu motoren.
Bei 14 Metern ankere ich dann lieber da das Riff hier sehr schnell
hochkommt, bis morgen muss das reichen, dann suche ich mir ein
schönes Plätzchen.
Ich gehe zum Chief Manuel der gerade
(wie meistens) im Männerhaus anzutreffen ist, stelle mich vor und
frage um Erlaubnis zum Ankern, Schwimmen, Fischen und auf der Insel
herum zu laufen. Er bekommt von mir Reis und Mehl als Gastgeschenk.
Alles wird erteilt nur das Fischen direkt vor dem Dorf bis raus wo
mein Boot steht ist verboten, das ist ein Schutzgebiet. Als ich
nachmittags schnorcheln gehe und mir das Schutzgebiet ansehe
verschlägt es mir fast den Atem, so was habe ich noch nie gesehen.
Eine riesige Schule von Makrelen (viele tausend), über 1 Meter große
Rainbow Runner, Skip Jack Tunas, Wahoo, natürlich Haie, und viele
viele andere, einfach ein Wahnsinn, und das 50 Meter hinter dem Boot.
Natürlich gibt es auch jede Menge
Schildkröten und eines Samstags Morgens wird ein großes Feuer
entfacht und ich sehe mit dem Feldstecher dass da große komische
Dinger drauf liegen, kann mir aber nicht erklären was das sein soll.
2 Stunden später kommt ein Kanu zu mir heraus gerudert und bringt
eine Schüssel voll dunkel rotes Fleisch. Ob ich Schildkröte mag
will er wissen weil der Chief hat angeordnet dass mir auch ein Teil
des Fleisches zusteht. Natürlich will ich Schildkröte probieren und
nehme das Geschenk dankend an. Für alle die jetzt einen auf entsetzt
machen, ich weiß dass das Töten von Schildkröten verboten ist, und
die Menschen hier wissen es auch. Aber dieses Gesetz wurde für oder
wegen uns geldgierigen Weißen erlassen damit wir nicht die Bestände
aus reiner Profitgier dezimieren. Ob sich die Leute von Lamotrek alle
4-5 Monate ein paar Schildkröten fangen und endlich wieder mal eine
Abwechslung zum fast täglichen Fisch haben oder nicht, hat auf die
Weltschildkrötenbevölkerung genau null Einfluss.
Wie schmeckt denn nun so ein liebes
Tierchen. Ich habe es auf 3 verschiedene Arten zubereitet. Die erste
Portion ganz einfach gebraten, gesalzen und gepfeffert sonst nix, war
nicht so berauschend, das schmeckt ungefähr so wie Stachelrochen
(ich glaube ich habe es nicht lange genug gebraten). Beim nächsten
mal habe ich es gekocht (auf Anraten der Locals) ins Wasser ein wenig
Soja Sauce, Chilli Sauce, und ein paar Gewürze die gerade
griffbereit waren, das war ganz hervorragend, fast wie Beef. Und beim
dritten Mal habe ich ein leckeres Curry gemacht, auch sehr edel im
Geschmack.
So ab 15:00 treffen sich die Männer
beim Männerhaus. Da wird dann der Tuba getrunken und alle wichtigen
Dinge des täglichen Insellebens besprochen. Tuba, das ist täglich
frisch gezapfter Palmwein, optisch also trüb und schmeckt wie leicht
säuerliche Kokosmilch und im Abgang dann nach frischer Kotze. Also
nicht wirklich mein Geschmack. Jeder kommt mit einer ganzen Flasche
des geliebten Getränkes und es wird geredet bis sie leer ist, was
nach spätestens 2-3 Stunden der Fall ist.
Also genau richtig um mit
der leeren Flasche nach Hause zu schlendern fürs Abendmahl. Vorher
natürlich wieder rauf auf die Palme und die Flasche an die
Zapfstelle gebunden, damit morgen auch wieder was zum trinken am
Tisch steht. Ich habe mich nach dem ersten halben Becher auf meine
Gesundheit raus geredet dass ich keinen Alkohol trinken soll und mich
auf diese Weise der gut gemeinten täglichen Trinkerei entledigt. Am
Anfang dachte ich ja da ist nur 1 Männerhaus, bis zum Ende meines
Aufenthaltes auf Lamotrek habe ich deren 5 entdeckt. Also eh wieder
mal alles wie zu Hause. Nach der Arbeit gehen die Männer in die
jeweilige Stammkneipe und trinken ihr Schichtbier, hier gehen sie ins
Männerhaus und trinken ihren Tuba. Hier haben sie es allerdings so
schlau gemacht dass es ein absolutes Tabu für die Frauen ist ins
Männerhaus (die Kneipe) zu gehen.
Neben ihrer Flasche bringen die Männer
(ALLE) auch einen kleinen süßen Plastikkübel mit. Zur
Weihnachtszeit zeigt sich die Amerikanische Regierung immer
großzügig, kommt mit einem Transportflugzeug, dreht eine Runde über
dem Atoll und wirft dann am Fallschirm hängend eine Palette mit
Geschenken ab. Ursprünglich waren in den Kübeln mal Kekse drinnen,
jetzt hat jeder seine Zigaretten oder Tabak und Wuzelpapier,
Feuerzeug, Bettelnüsse mit Zubehör, und allem was man so an
persönlichen Dingen die man vielleicht brauchen könnte so mit sich
herum schleppt, wie Kamm, Kugelschreiber, Notizblock, Angelhaken,
Leine, Zahnbürste,usw. Manuel, einer der 3 chiefs auf der kleinen
Insel fragt mich eines Tages ob ich nicht ein Buch habe und nach
kurzer Diskussion was er denn gerne lesen möchte stellt sich heraus
dass er das Buch nur wegen des Papiers braucht. Ältere Bücher
eignen sich nämlich ganz hervorragend als Zigarettenpapier. Ich
schenke ihm am nächsten Tag einen dicken Schmöker mit fast 900
Seiten, da kann jetzt das ganze Dorf 2 Jahre lang ihre Zigaretten
drehen.
Es wird aber auch gearbeitet neben dem
Tuba trinken. Neue Kanus werden auf eine etwas seltsame den alten
Traditionen entsprechenden Technik hergestellt. Da es auf der Insel
keine wirklich großen Bäume gibt können die Kanus auch nicht als
Ganzes aus einem Stamm gehackt werden, es reicht nur für die Basis.
Der Rest wird aus kleinen Brettern drauf gezimmert und hinten und
vorne wird aus einem Brotfruchtbaum [leichtes Holz] noch ein schönes
Stück Bug bzw. Heck dran gemacht. Die ganzen Arbeiten werden nur mit
einer Art quer gebauten Hacke gemacht. Zum Kalfatern [also das
Abdichten der einzelnen Holzbretter zueinander] verwenden sie
Material aus der Schale der Kokosnuss, die Seile zum Zusammenbinden
der Bretter sind aus Kokosfasern gedreht. So sitzen sie zusammen,
einige hacken auf den Kanus herum, andere drehen die Seile, die
nächsten schneiden die hauchdünnen Stücke für das Kalfatern,
dazwischen wird immer wieder eine Schale mit dem Tuba getrunken.
Wieder andere widmen sich der Herstellung von Fischfallen, auch eine
meisterliche Arbeit. Das Gute ist sie haben jede Menge Zeit, keiner
fragt wie lange es gedauert hat um die Falle oder das Kanu zu bauen,
wenn es fertig ist dann ist es fertig, völlig egal ob das 1 Woche
länger dauert als angedacht.
Ich sitze fast täglich bei ihnen und
frage natürlich ob ich ihnen irgendwie helfen kann. Das beschert mir
eine ganze Flut von Aufträgen. Insgesamt laminiere ich bei 3 Booten
diverse Löcher zu und bringe 2 Außenbord Motoren wieder zum Laufen.
Am Funkgerät des Schuldirektors bin ich leider gescheitert, dazu bin
ich doch zu wenig Elektroniker.
Zumindest die Hälfte der weiblichen
Bevölkerung läuft so herum wie es sich gehört, mit nacktem
Oberkörper, wie die Männer auch. Bekleidet sind alle nur mit dem
Lavalava, ein einfaches Tuch, die Männer in Grün, Rot oder Blau,
die meisten Frauen gemustert oder gestreift. Das reicht auch völlig,
was man nicht an hat braucht man auch nicht waschen und warm ist es
auch ohne Gewand. Sie haben auch einen sehr einfachen Webstuhl auf
dem sie die Lavalava selber herstellen. Wenn jemand stirbt, dann wird
er meistens im eigenen Garten begraben, eingewickelt in mehreren
Lavalava die von den Dorfmitgliedern als letzte Gabe an den Toten
gespendet werden.
An meinem letzten Tag werde ich noch
mal so richtig heraus geputzt. Ein gelbes Pulver, aus einer Blüte
hergestellt, kommt auf Schulter, Brust und Stirn, 4 Blumenkränze,
gerade erst von den Mädels geflochten, schmücken mein Haupt. Sie
beten für mich dass meine Reisen immer sicher und gut verlaufen.
Man muss sie einfach gerne haben, sie
sind so lieb. Hoffentlich bleibt es hier noch lange so, der Abschied
fällt nicht leicht. Dieses Atoll ebenso wie Elato mit seinen
liebenswerten Menschen zählt zu den absoluten Highlights der Reise
die ich bisher erleben durfte.
Wie üblich wenn ihr auf
die Bilder klickt könnt ihr sie in GROSS ansehen
Wo ich gerade bin wie
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