Donnerstag, 9. Juni 2011

Rush Hour auf 2 Grad Sued

Ich habe schon ein wenig Muffensausen bei dem was mir gerade bevorsteht. Ich muss in den Mast. Nun ich war schon hundert mal da oben, meistens ist es sehr schön. Jetzt bin ich mitten auf dem Pazifik, 12 Knoten Wind, was ganz angenehm ist, gut 2-3 Meter Welle. Und das ist weniger angenehm wenn man in den Mast muss. Ich habe lange überlegt wie ich es angehen soll. Stehen bleiben und rauf klettern? Oder Segel oben lassen und rauf klettern? Nun ich entscheide mich dafür das Großsegel ganz wegzunehmen und das Vorsegel stehen zu lassen. Grundgedanke ist, dass wenn ich stehen bleibe das Boot furchtbar schaukeln wird in den Wellen. Also ist es besser wenn ich Fahrt drauf habe, weil das Boot dann ruhiger liegt. Wenn ich aber auch das Großsegel oben lasse, muss ich auf der verkehrten Seite des Mastes klettern, was bei meinem Boot durch das Diamond Rigg sehr schwierig ist. Ohne Großsegel kann ich am einfachsten die Maststufen rauf und schnell wieder runter. Gestern Nacht als ich bei aufkommenden Wind den Gennaker berge, verfängt sich die Bergeleine des Bergeschlauches ganz oben bei einem Schäkel des Vorsegels. Ich versuche ueber eine Stunde lang die Leine wieder runter zu bekommen. Bei der Aktion verliere ich dann auch noch meine Stirnlampe, aber kein Erfolg. Nun in der Nacht will ich nicht in den Mast, es ist am Tag schon genug Risiko. Also heute morgen erste Aktion nach dem Frühstück.

Gestern am frühen Nachmittag sehe ich ein Segel vor mir. Nach 3 Stunden bin ich an ihm dran. Es ist Ari ? ein Finne mit seiner Frau, auf einem 44 Fuß Stahlschoner dessen schweres Boot bei den leichten Winden unter 15 Knoten nicht recht in Fahrt kommt. Wir plaudern ein wenig und verabreden uns auf ein Bier in der Nordbucht von Fatu Hiva. Das ist vorläufig genauso sein wie auch mein erstes Ziel in den Marquesas. 2 Stunden später funkt er mich an ob ich das andere Boot auch sehe, etwa 2-3 Meilen hinter ihm. Aber ich bin schon zu weit weg als dass ich das andere Boot sehen kann. Funk sei Dank wissen wir wenig später dass es ein Italiener mit einer 58 Fuß Beneteau und gemischter Crew aus Argentinien, Brasilien, Italien, USA und Kanada ist.
Ich habe mit mehreren Seglern gesprochen die schon des öfteren durch den Pazifik gesegelt sind und einhellig der Kommentar ? du wirst sehen wenn du mal vom Land weg bist, siehst du kein einziges Boot mehr.
In der zweiten Nacht sehe ich Lichter, 4 Stück ungefähr in einer Reihe, weit auseinander gezogen. Klarer Fall von Fischernetz. Super denke ich mir, dass die Fischer hier die Netze so ordentlich beleuchten, es ist eher ein Zufall dass ich gerade aufgestanden bin und die Lichter sehe. Wenn ich müde bin lege ich mich einfach hin und schlafe, fertig. Ich werde so ca. jede Stunde munter, kontrolliere ob der Wind noch passt oder sonst was auffälliges in der Nähe ist. Nach 2 Stunden bin ich noch immer nicht bei den Netzen vorbei, irgend etwas ist hier komisch. Als ich dann so auf eine halbe Meile am ersten Licht dran bin, plötzlich der große Flash. Genau zwischen den ersten beiden Leuchtbojen ein riesiger Fischkutter, ebenso zwischen den beiden hinteren Leuchtbojen. Und gleichzeitig schalten sie all ihre Lichter ein. Diese Kasperln haben die Netze gezogen, nur unwesentlich langsamer als ich und darum bin ich nicht näher gekommen. In der Dunkelheit konnte ich aber die Fischerboote nicht sehen. Naja ,die haben sicher ihren Spass gehabt, einen armen alten Segler so zu erschrecken.

Im großen und ganzen geht's gut voran. Die ersten 2 Tage nicht allzu schnell, aber jetzt wird der Wind ein wenig mehr, so um die 15 Knoten und die Geschwindigkeit passt. Es ist nicht viel zu tun, Windrichtung ist ziemlich konstant, schwankt nur so um 15 Grad mehr oder weniger aus Südost. Wenn der Wind leicht wird setze ich den Gennaker, so ab 13 Knoten kommt er wieder runter. Da reicht auch die Fock.
Es ist jetzt Mittwoch 8. Juni, vormittags. Meine Position 02 Grad 56 Minuten Süd, und 100 Grad 05 Minuten West. Kurs 260 Grad, Geschwindigkeit 6,8 Knoten, noch ca. 2500 Seemeilen bis Fatu Hiva.

1 Kommentar:

  1. Wenn ich ein weniger gläubiger währe würde ich ein kleines Gebet für dich sprechen. Wie du weist war ich auf der Mara Naoka auch schon mal auf dem Atlantik im Mast. Selbst auf einem Catamaran ein gefährliches und zumindest sehr unbequemes Unterfangen.Auch mit Vorsel. Melde dich bald wieder (nur kurz und zur Beruhigung). Falls du oben warst gute Heilung für deine blauen Flecken.

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