14.12.2010
so, ich bin wieder im wasser und zurueck auf san blas.
aber es war wieder mal nicht so einfach und wenn man bedenkt wie lange meine arbeitsliste nach einem mehr als 3 woechigen werftaufenthalt noch immer ist, dann frage ich mich was habe ich dort die ganze zeit gemacht. ich weiss dass ich sehr fleissig war und wann immer es moeglich war am boot gearbeitet habe, und trotzdem ist die neue liste schon wieder unglaublich lang.
am freitag war fuer wenige stunden schoenes wetter und ich konnte die letzte farbe auftragen, ebenso am samstag kurzzeitig was mir ermoeglichte fast alle aussenarbeiten fertig zu stellen. gleich in der frueh melde ich dave, dem yardmanager, dass ich heute samstag als letzter des tages wieder mit dem travellift ins wasser will, weil ich dann ueber nacht nach san blas segeln moechte. er meint kein problem und puenktlich zum arbeitsschluss der werftarbeiter um 16:00 kommt CHI endlich wieder ins wasser. schnell wird gecheckt ob auch alles dicht ist und ich bereite alles fuer die abfahrt vor. natuerlich habe ich nicht vor in der nacht zu segeln, aber frueh morgens am naechsten tag sobald es ein wenig hell wird. mit dem vorhergesagten guten wind aus nordwest sollte es kein problem sein die etwa 85 seemeilen in den 12 stunden die mir mit tageslicht zur verfuegung stehen, zu bewaeltigen. leider hielt sich das wetter wieder mal nicht an die vorhersage und so waren die vier ersten stunden nur etwa 8 knoten wind aus westen, und auch danach stellte sich nie die gewuenschte staerke und windrichtung ein. ich entscheide mich gegen 17:30 nicht die erste insel anzulaufen, die ich gerade noch beim allerletzten tageslicht geschafft haette. der grund war der wetterbericht fuer morgen montag - starke wind aus norden. und in chichime ankert man noerdlich der insel, ist also nur vom riff gegen die aergsten wellen, kein bisschen aber gegen den wind geschuetzt. ausserdem wuerde ich dann gleich mehrere tage dort festsitzen und koennte die arbeiten wieder nicht weiterfuehren. ich segle also weiter nach cayo hollandes este, wo ich mich sehr gut auskenne, alle alten tracks auf meinem computer habe und ich mich auch in finsterer nacht auskenne. genau bei der einfahrt zu den west hollandes schlaegt dann das wetter um. urploetzlich heftigster regen, null sicht, wind gute 25 knoten in den boen einiges mehr. als ich die front kommen sehe, gebe ich so schnell es geht die segel voellig weg. unter motor geht es die letzten 7 meilen zu meinem angepeilten ankerplatz. von einem freund erfahre ich dass ein anderes boot auch noch hinter banedup ankert, ungefaehr dort wo ich hin will. als ich eintreffe faengt es wieder zu regnen an. sehr vorsichtig navigiere ich zwischen den riffen durch. die sicht ist absolut null. ich verlasse mich auf meine alten tracks und hoffe dass nicht noch mehrere boote irgendwo ankern. von vielen ankerplaetzen in der naehe sehe ich die lichter, aber nichts von dort wo ich hin will, nur finsternis. da ich nicht genau weiss wo der oder die anderen boote sind, werde ich schon ein stueck frueher ankern. fast fahre ich ein paar meter zu weit, bei unter 2 metern erst geht das boot wieder rueckwaerts. ich suche eine gute position und ankere dann leider ein kleines bisschen, vielleicht 10 meter, zu weit oestlich. nicht schlimm im moment, auch nicht schlimm wenn der wind so bleibt. wenn er allerdings von west auf sueden dreht, dann sitze ich in der scheisse. genau so kommt es auch. um ca. 03:30 in der nacht merke ich dass sich das boot anders bewegt in den leichten wellen. ich stuerze an deck, sehe nichts, schalte den computer an, starte den motor, checke die ankerkette und als alle systeme funktionsbereit sind sehe ich endlich was passiert ist. der wind hat auf suedwest gedreht, dadurch bin ich auf eine mit gras bewachsene sandbank geschwungen und ein rumpf touchiert immer wieder den sand und den grasbewuchs. ich bin nur 100 meter suedlich einer insel und 100 meter noerdlich einer anderen. es ist so stockdunkel, dass ich nicht mal die umrisse einer der beiden inseln erkennen kann. es fehlt mir also jegliche orientierung. nur der computer sagt mir wo ich bin. da das boot sich aber nicht bewegt zeigt es keine richtung an. der compass ist die einzige hilfe mit dem ich feststellen kann wo ich ueberhaupt versuchen muss hin zu kommen. das schlimmste waere in die falsche richtung, also noch weiter auf die sandbank zu kommen.
zu zweit waere das ganze keine grosse dramatik. da wuerde ich einfach ins wasser gehen. das boot hat ja nur 1,05 meter tiefgang, ich wuerde anschieben und die zweite person wuerde versuchen mit dem motor unterstuetzend runterzufahren. alleine geht das halt nicht, denn wenn ich schiebe, bin ich im wasser, kann also nicht gas geben. wenn ich schon vorher den gang einlege und gas gebe, danach ins wasser huepfe und das boot freibekomme, ja dann faehrt es ganz mutterseelenalleine fort und ich stehe wie ein begossener pudel im wasser.
nach einiger zeit gelingt es mir von der sandbank runterzukommen und ich suche den weg aufs offenen wasser. ich wage es nicht in den regionen der ankerplaetze rumzufahren, weil zu viele boote ohne beleuchtung in der nacht ankern und das risiko eines treffers viel zu gross ist. so fahre ich also bei stroemenden regen, absolut keiner sicht wieder aufs offene wasser und fahre dort bis 06:30 einfach auf und ab, wartend auf den tagesanbruch und auf sicht. langsam schleiche ich mich dann an einen anderen ankerplatz, hoffend dass der regen nicht noch kraeftiger wird. es geht alles gut, um 07:00 werfe ich den anker, genau dort wo CHI die letzten 6 monate den sommer verbracht hat, und falle todmuede in meine koje. ab 10:00 faengt dann das telefon an zu klingeln und die anderen segler die mich kennen wollen wissen was los war. die nachricht dass ich am abend ankommen werde hat sich rasend schnell verbreitet, allerdings hat keiner gewusst wo ich landen werde und jetzt sind sie neugierig. nichts ist also mit ordentlich ausschlafen. ich mache mir fruehstueck und entschliesse mich danach wieder ankerauf zu gehen und 1 seemeile zu meinem bestens geschuetzten stammplatz zu fahren. auf 5 meter wassertiefe faellt der 22kg CQR anker den ich seit vielen jahren das erste mal wieder angeschaekelt habe, und ich beginne das chaos zu ordnen. alles ist nass, mindestens 3 hosen und 5 t-shirts, 3 handtuecher und innen im salon sowieso alles. da es noch immer nieselt kann ich auch nichts zum trocknen aufhaengen.
am nachmittag kommen dann gute alte freunde aus oesterreich und ankern neben mir. schnell springe ich ins dingi, fahre rueber und die neuesten geschichten werden ausgetauscht. inzwischen hat der wind wieder zugenommen, wie vorhergesagt, und als ich aus dem fenster schaue sehe ich CHI ploetzlich neben Alchemist anstatt davor, wo sie geankert hat als ich weggefahren bin. scheisse das boot ist auf drift gegangen. ein satz und ich bin im dingi, 20 sekunden spaeter auf CHI, den motor gestartet (bin ich froh dass ich einen neuen motor habe wo alles funktioniert), und schon rauscht die ankerkette wieder in den kasten. ich fahre vorsichtig vorwaerts und versuche erneut zu ankern. hier war ich schon so oft und es ist bestens haltender sand. vielleicht habe ich bei einem morschen, verfaulenden baum eingehaengt und der ist durchgerissen, anders gibt es das fast nicht. noch 2 mal das gleiche spiel, anker runter, einfahren langsam gas rueckwaerts und nach einer weile haelt er nicht, sehr eigenartig. ich fahre also sehr nahe zur insel so dass mich der wind fast nicht mehr erwischt, werfe den anker, gebe die ganze kette raus und mache dann den zweitanker fertig. ich moechte heute nacht einfach ruhig schlafen koennen. mein fortress anker wird einfach an die kette drangeschaekelt und wenn sich der hauptanker bewegen sollte, graebt sich der zweite anker sofort ein. nun haelt das schiff auch bei vollgas rueckwaerts bombenfest. in der nacht gehts dann richtig rund. ueber 35 knoten wind. 2 boote gehen aufs riff, das funkgeraet steht lange nicht mehr still. die anderen boote an den jeweiligen ankerplaetzen versuchen alles um die schiffe wieder ins wasser zu bekommen. heute frueh erfahre ich dass keinem was passiert ist und auch die schiffe ausser ein paar kratzern und fehlender farbe ok sind. erst vor 10 tagen ist ein boot gesunken am riff, vor einer woche ist ein frachter aufs riff gefahren und vor 4 tagen ein alter, erfahrener segler nach einer ganzen serie von fehlern bei der einfahrt zum rio chagres gestrandet.
seit es wetteraufzeichnungen gibt in panama war noch nie ein so versauter dezember, noch nie wurde so viel regen gemessen und noch nie musste bisher der panama kanal wegen wetter geschlossen werden (1 tag = ca. 20 millionen dollar verlust) und es soll erst in 2 tagen aufhoeren mit diesen wetterkapriolen. alle warten schon sehnsuechtig auf sonne und gemaessigte winde. die neue strassenverbindung nach carti ist auf mehreren teilen unpassierbar, die beiden grossen bruecken ueber den panama kanal, die nord- mit suedamerika verbinden, sind fuer lkw und schwerfahrzeuge unpassierbar und in unmengen von doerfern ist alles unter wasser und schlamm.
wie man sieht hat sich ausser dem wetter nicht viel veraendert. es ist noch immer spannend und abenteuerlich, gefaehrlich, nervenaufreibend, angsteinfloessend und trotzdem, oder gerade deswegen, wunderschoen.
ich hoffe dass sich in den naechsten monate alles wieder stabilisiert und "normal" wird.
liebe gruesse
chico