Abfahrt
22.3. sehr Früh morgens, mit dem ersten Licht, als die meisten der anderen Segler noch in ihren Kojen liegen, gehe ich Anker auf. Diesmal ist keine Spur von Wehmut vorhanden, ich bin einfach nur heilfroh hier raus zu kommen. Derzeit liegen über 60 Segelboote alleine auf diesem Ankerplatz und sind mit den Vorbereitungen für den Pazifik beschäftigt. Den ganzen Tag fahren Dingis kreuz und quer, durch den nordöstlichen Wind steht immer Schwell in der Bucht und es gibt keine ruhige Minute hier.
Das Großsegel ist gesetzt, langsam geht es durch die Ankerlieger, vorbei an riesigen Handelsschiffen, raus auf die offene See. Leider weht nur ein leichter Hauch der mich quälend langsam vorwärts bringt. Ich lasse den Motor mitlaufen, denn mein Ziel ist es noch bis zum Abend zur Isla de Espiritu Santo in der Gruppe der Islas Las Perlas südöstlich von Panama zu kommen.
Schnell noch ein paar Telefonate mit zu Hause und Freunden, wahrscheinlich die letzte Gelegenheit für längere Zeit. Das Guthaben der Panamaischen Telefongesellschaft ist nirgendwo auf der Welt verwertbar.
Mache ich alles richtig? Habe ich nichts wichtiges vergessen? Ich durchforste meine unendlich langen Listen, streiche die Besorgungen und Arbeiten der letzten Tage und beginne gleichzeitig schon wieder mit einer neuen Liste. Genauer gesagt 2 Listen – eine für zu erledigende Arbeiten und eine mit Teilen die ich noch „unbedingt“ brauche.
Ich finde endlich Zeit mich mit den neuen Geräten zu beschäftigen die ich mir in letzter Zeit gekauft habe. Als erstes natürlich der neue Autopilot. Ein Kanadisches Produkt (Comnav 1420) das hauptsächlich in der Fischereiindustrie verwendet wird. Ich habe allmählich die Schnauze voll von all den Yacht-Produkten die nach ein paar Jahren mit großer Wahrscheinlichkeit defekt sind und völlig überteuert verkauft werden. Diesmal also was stabiles, stark überdimensioniert, dafür soll er mich sicher und problemlos über die Meere bringen. Nach 2 Stunden Bedienungsanleitung lesen und probieren der verschiedenen Einstellungsvarianten kommt das neue AIS – Funkgerät dran. AIS bedeutet Automatisches Identifikations System welches alle Handelsschiffe, Containerschiffe, Tanker usw., auch die grösseren Fischer, also im Prinzip alles über 20 Meter Länge verpflichtend führen müssen. Dieses System sendet ein Signal, welches mein AIS Empfänger umwandelt und sowohl direkt am Funkgerät als auch am Computer anzeigt. Ganz wichtig dabei, wenn das andere Schiff in einen von mir einstellbaren Bereich kommt ertönt ein schriller Alarm. Der große Vorteil für mich – sobald ich die Küstennahen Gewässer hinter mir habe, wo dann nur mehr die Großschifffahrt unterwegs ist, brauche ich nicht mehr dauernd zu schauen ob andere Boote kommen, sondern kann mich bequem zum Schlafen legen, oder endlich wieder mal ein Buch lesen, oder irgendwelche Arbeiten am Boot verrichten, oder Kochen, oder.....
Gegen 18:00, kurz vor dem finster werden erreiche ich die Isla de Espiritu Santo und werfe den Anker in 8 Metern Tiefe in gut haltenden Sand. Derzeit ist eine extreme Springtide von 5,88 Metern was für mich bedeutet bei Niedrigwasser sind statt 8 Metern nur mehr 2,1 Meter Wasser unter mir, also 1 Meter unter dem Kiel. Das ist mitunter das Schwierigste hier in den Perlas Inseln, die extremen Tiden. Man muss immer aufpassen ob gerade steigendes oder fallendes Wasser ist, wieweit steigt oder fällt es noch, wie viel Kette muss ich geben, wie tief muss es mindestens sein zum Ankern? Fehler führen unweigerlich zu schweren Verletzungen des Bootskörpers, bis hin zum Verlust des Bootes.
Beim Anker auf gehen in Panama City und jetzt wieder beim Ankern ist mir aufgefallen dass die neue Kette extrem über die Ritzel der elektrischen Ankerwinde hüpft. Irgend etwas stimmt nicht. Am nächsten Tag nehme ich das Problem in Augenschein und schnell stelle ich fest dass die Kette völlig unpassend für meine Kettennuss ist. Ich hole die Schublehre, messe nach und sehe, dass die Firma in Panama City eine 9mm statt der bestellten 8mm BBB Kette geliefert hat. Das kann ja nicht passen. Ich überlege und es bleibt nur eine einzige mögliche Lösung – ich muss wieder zurück segeln nach Panama City. Ziemlich zerknirscht mache ich mich am nächsten Morgen auf den Weg zurück. Ich bin selber Schuld, ich hätte nach der Lieferung gleich kontrollieren sollen, aber wer kommt denn auf so eine Idee?? Ja und hier bin ich nun wieder, back in town.
Hallo Chico!
AntwortenLöschenDas mit der Kette haette uns auch bald erwischt. Wir haben schon den Bleistift fuer die Unterschrift zum Kauf einer 3/8"" Kette angeleckt, da habe ich die Glieder nochmals nachgemessen. Leider ist es nicht ganz 10mm wie unsere Kettennuss und bei 4 bis 5 Glieder summieren sich die Abweichungen, sodass das letzte Glied nicht mehr in die Nuss passt.
Wir fahren noch mit der rostigen Kette herum, vielleicht koennen wir sie in Ecuador galvanisieren. Sonst Australien.
I was, des hueft da jetzt a net weida, trozdem...
Liebe Gruesse
Herwig