Sonntag, 26. Juni 2011

Ankunft

Es ist noch nicht mal 1 Stunde nach dem die Sonne langsam über den Horizont gekrochen ist und sich noch immer hinter dem immerwährenden Wolkenstreifen versteckt als ich um das Nordkap von Fatu Hiva biege. Baie des Vierges oder Hana Vave wie die Einheimischen sagen, heißt die Bucht in die ich will, etwa 2 Meilen südlich davon und der Anblick ist atemberaubend. Ich glaube ich bin am Tappenkarsee. Wilde Felszacken in grau und braunen Farbtönen ragen hunderte Meter senkrecht aus dem Wasser. Erst spcter als die Sonne hoch steht, kommt das Grün des Bewuchses zur Geltung und verwandelt die Zauberbucht vom Tappenkarsee in die Südsee.
Fatu Hiva ist die Südlichste der zum Archipel de Marqueses gehörenden Inselgruppe. Von vielen wird sie als die Schönste bezeichnet, sicherlich ist sie atemberaubend mit ihrer wilden Schönheit. Vor allem ist es die einzige der großen Inseln ohne Flughafen und daher auch touristisch nicht erschlossen. Früher, bevor die katholische Kirche mit ihren Missionaren kam, bevor der Einfluss der Europäer spürbar wurde, lebten hier bis zu 10.000 Menschen. Heute sind es nur mehr ca. 470 die hier ein beschauliches glückliches Leben führen und geblieben sind.

Seit 2 Tagen habe ich gerechnet wann ich bei den vorherrschenden Windbedingungen ankommen werde. Ich bin zu schnell, denn ich will keinesfalls nachts ankommen. Also habe ich die 3. Reff eingebunden. Dabei ist wieder mal ein Rutscher bei einer der Segellatten ausgerissen und hat sich im Mastprofil verkeilt. Das bedeutet für mich rauf in den Mast und den festgeklemmten Teil losmachen. 20 Knoten Wind und 3 Meter Welle von der Seite machen dieses Unternehmen nicht gerade zu einem Morgenspaziergang. Es gelingt mir relativ schnell den Teil zu lösen und außer einer offenen Wunde am Unterschenkel, weil ich bei einer Maststufe abgerutscht bin, komme ich wieder heil zurück aufs Deck.

Die Aussicht hier ist wunderbar, was den Ankerplatz aber unangenehm macht sind die extremen Fallböen. Ausgelöst durch die hohen steilen Berge ringsum, stürzen in unablässiger Folge Böen mit bis zu 35 Knoten von den Bergen und rauschen durch die schmale Bucht. Etwas im Cockpit liegen lassen ist nicht drin, das hat man mit Sicherheit zum letzten Mal gesehen. Das zweite Unangenehme sind die großen Tiefen. Das Meer steigt hier sehr schnell an und man muss auf 20 bis 30 Meter ankern. Das gibt also ordentliche Ketten- bzw. Seillängen. Im flachen Teil ganz innen ist der Meeresgrund mit Felsbrocken übersät und macht ein Ankern nicht ratsam.

Ich werde jetzt mal einfach das alles hier genießen, ein paar kleinen Reparaturen am Segel vornehmen und sonst nichts tun. Naja, 1-2 Bier werde ich trinken gehen nach 3019 Meilen (5591 km) und 20 Tagen Abstinenz, die ich für diese längste offenen Strecke im Pazifik gebraucht habe. Das entspricht übrigens fast genau der Distanz der Atlantiküberquerung.

Dienstag, 14. Juni 2011

Bergfest

Donnerstag - Mein Windalarm beruhigt sich einfach nicht mehr. Dauernd der unangenehme schrille Warnton. Bei 19 Knoten (scheinbarer) Wind ertönt das Signal. Zeit zum Reffen. Und es war höchste Zeit. Auch nachdem die Segelfläche verkleinert ist geht's noch immer mit 8 ? 10 Knoten dahin. Ist ja super, aber halt nur ein paar Stunden lang, dann wird es anstrengend. Inzwischen ist auch schon die Nacht herein gebrochen, da der Wind aber aus raumschot kommt, belasse ich es bei der 1.Reff. In den nächsten 12 Stunden mache ich 96 Seemeilen in Richtung Marquesas gut, also 8 Knoten Schnitt. Nach Sonnenaufgang binde ich lieber das 2. Reff ins Großsegel und reduziere auch das Vorsegel ein wenig. Noch immer geht es mit 7 ? 8,5 Knoten dahin, aber schon wesentlich entspannter. Man merkt die Entlastung des Bootes durch die Segelverkleinerung sehr deutlich.

Gestern war der ultimative Anti Fishing day. Ich hänge meinen besten Gummi Kraken an die Angel, blau - grün - weiß, keine 5 Minuten und der Erste Fisch ist dran. Als ich das Ausrauschen der Leine gestoppt habe, ein Ruck und weg war er. Mit ihm natürlich mein Köder, Vorfach und der Wirbel. Also nächsten Gummi Kraken dran, diesmal in schickem pink. 20 Minuten, genau das selbe Spiel wie vorhin auch, alles weg. Also nehme ich diesmal einen schwarz ? silbernen Rapalla, das ist ein etwa 15 cm großer Hartplastik Fischnachbau, mit 3 Dreifachhaken. Es dauert immerhin 2 Stunden bis zum nächsten Biss. So wie sich die Angel biegt muss ein ordentlicher Brocken dran sein. Langsam beginne ich ihn einzuholen, da geht wieder ein Ruck durchs Gerät und weg war er. Diesmal ist das Vorfach und der Köder noch dran, allerdings das letzte Drittel des Kunststofffisches mit Heckhaken fehlt. Der Fisch hat den Hartkunststoff Köder einfach abgebissen. Das war's dann für diesen Tag, irgendwann reicht es einfach. Normalerweise soll man stehenbleiben wenn ein Fisch dran ist, nur wenn du alleine unterwegs bist, denkst du nicht mal dran irgend etwas an den Segeln auch nur um eine Spur zu verändern, nur wegen einem Fisch. Der Druck der auf Angel, Köder, Schnur usw. kommt ist dann natürlich enorm bei 7 ? 8 Knoten Fahrt.

Heute Montag ist Bergfest. Das heißt ich habe die Hälfte der Strecke Galapagos ? Marquesas hinter mir. Von nun an geht also bergab. In San Cristobal habe ich in einem abgelegenen, kleinen Laden Schweinsripperl gefunden. Und die gibt es heute Abend als Halbzeit Mahl. Dazu Kartoffel Püree und Sauerkraut ist auch noch aufgetaucht in einem der Vorratsfächer. Und Ausnahmsweise ein Bier. Sonst herrscht striktes Alkoholverbot unterwegs.

Es ist jetzt Montag 13. Juni, nachmittags. Meine Position 05 Grad 40 Minuten Süd, und 114 Grad 20 Minuten West. Kurs 258 Grad, Geschwindigkeit 7,3 Knoten, noch ca. 1450 Seemeilen bis Fatu Hiva.

Donnerstag, 9. Juni 2011

Rush Hour auf 2 Grad Sued

Ich habe schon ein wenig Muffensausen bei dem was mir gerade bevorsteht. Ich muss in den Mast. Nun ich war schon hundert mal da oben, meistens ist es sehr schön. Jetzt bin ich mitten auf dem Pazifik, 12 Knoten Wind, was ganz angenehm ist, gut 2-3 Meter Welle. Und das ist weniger angenehm wenn man in den Mast muss. Ich habe lange überlegt wie ich es angehen soll. Stehen bleiben und rauf klettern? Oder Segel oben lassen und rauf klettern? Nun ich entscheide mich dafür das Großsegel ganz wegzunehmen und das Vorsegel stehen zu lassen. Grundgedanke ist, dass wenn ich stehen bleibe das Boot furchtbar schaukeln wird in den Wellen. Also ist es besser wenn ich Fahrt drauf habe, weil das Boot dann ruhiger liegt. Wenn ich aber auch das Großsegel oben lasse, muss ich auf der verkehrten Seite des Mastes klettern, was bei meinem Boot durch das Diamond Rigg sehr schwierig ist. Ohne Großsegel kann ich am einfachsten die Maststufen rauf und schnell wieder runter. Gestern Nacht als ich bei aufkommenden Wind den Gennaker berge, verfängt sich die Bergeleine des Bergeschlauches ganz oben bei einem Schäkel des Vorsegels. Ich versuche ueber eine Stunde lang die Leine wieder runter zu bekommen. Bei der Aktion verliere ich dann auch noch meine Stirnlampe, aber kein Erfolg. Nun in der Nacht will ich nicht in den Mast, es ist am Tag schon genug Risiko. Also heute morgen erste Aktion nach dem Frühstück.

Gestern am frühen Nachmittag sehe ich ein Segel vor mir. Nach 3 Stunden bin ich an ihm dran. Es ist Ari ? ein Finne mit seiner Frau, auf einem 44 Fuß Stahlschoner dessen schweres Boot bei den leichten Winden unter 15 Knoten nicht recht in Fahrt kommt. Wir plaudern ein wenig und verabreden uns auf ein Bier in der Nordbucht von Fatu Hiva. Das ist vorläufig genauso sein wie auch mein erstes Ziel in den Marquesas. 2 Stunden später funkt er mich an ob ich das andere Boot auch sehe, etwa 2-3 Meilen hinter ihm. Aber ich bin schon zu weit weg als dass ich das andere Boot sehen kann. Funk sei Dank wissen wir wenig später dass es ein Italiener mit einer 58 Fuß Beneteau und gemischter Crew aus Argentinien, Brasilien, Italien, USA und Kanada ist.
Ich habe mit mehreren Seglern gesprochen die schon des öfteren durch den Pazifik gesegelt sind und einhellig der Kommentar ? du wirst sehen wenn du mal vom Land weg bist, siehst du kein einziges Boot mehr.
In der zweiten Nacht sehe ich Lichter, 4 Stück ungefähr in einer Reihe, weit auseinander gezogen. Klarer Fall von Fischernetz. Super denke ich mir, dass die Fischer hier die Netze so ordentlich beleuchten, es ist eher ein Zufall dass ich gerade aufgestanden bin und die Lichter sehe. Wenn ich müde bin lege ich mich einfach hin und schlafe, fertig. Ich werde so ca. jede Stunde munter, kontrolliere ob der Wind noch passt oder sonst was auffälliges in der Nähe ist. Nach 2 Stunden bin ich noch immer nicht bei den Netzen vorbei, irgend etwas ist hier komisch. Als ich dann so auf eine halbe Meile am ersten Licht dran bin, plötzlich der große Flash. Genau zwischen den ersten beiden Leuchtbojen ein riesiger Fischkutter, ebenso zwischen den beiden hinteren Leuchtbojen. Und gleichzeitig schalten sie all ihre Lichter ein. Diese Kasperln haben die Netze gezogen, nur unwesentlich langsamer als ich und darum bin ich nicht näher gekommen. In der Dunkelheit konnte ich aber die Fischerboote nicht sehen. Naja ,die haben sicher ihren Spass gehabt, einen armen alten Segler so zu erschrecken.

Im großen und ganzen geht's gut voran. Die ersten 2 Tage nicht allzu schnell, aber jetzt wird der Wind ein wenig mehr, so um die 15 Knoten und die Geschwindigkeit passt. Es ist nicht viel zu tun, Windrichtung ist ziemlich konstant, schwankt nur so um 15 Grad mehr oder weniger aus Südost. Wenn der Wind leicht wird setze ich den Gennaker, so ab 13 Knoten kommt er wieder runter. Da reicht auch die Fock.
Es ist jetzt Mittwoch 8. Juni, vormittags. Meine Position 02 Grad 56 Minuten Süd, und 100 Grad 05 Minuten West. Kurs 260 Grad, Geschwindigkeit 6,8 Knoten, noch ca. 2500 Seemeilen bis Fatu Hiva.

Freitag, 3. Juni 2011

Galapagos

 

Kaum ist der Anker im Wasser und gräbt sich in den bestens haltenden Sandgrund ein, kommt auch schon Pablo angedüst. Pablo ist, wie er mir versichert MEIN Agent. Na gut denke ich mir, ohne Agent geht hier sowieso nichts, also kann ich genauso gut ihn nehmen. Und innerhalb einer Stunde sind der Hafenkapitän (bzw. sein Stellvertreter), der Oberste der Marine (hahaha ,das Bürschlein war vielleicht 19 Jahre alt), eine charmante Vertreterin der Agrarbehörde und noch 2 Personen von denen ich keine Ahnung habe welche Funktion sie haben oder welche Behörde sie vertreten. Ein Coca Cola für jeden, die Schwimmweste wird kontrolliert (das Lichtlein geht nicht und Pfeifferl ist auch keines dran) ist aber wurscht, ich werde 3mal gefragt ob ich Orangen an Bord habe die ich abgeben muss, 400 Dollar wechseln den Besitzer und dann darf ich maximal 20 Tage bleiben. Wenn man das auf das Jahr hochrechnet ergibt das die stolze Summe von 7.300,-- Dollar für die Aufenthaltsgenehmigung.

Die ersten Tage in Galapagos sind natürlich mit der Reparatur des Schiffsrumpfes verplant. Der schwierige Teil ist vorne im Unterwasserbereich. Ich will ja nicht nur innen was draufpappen, sondern die Löcher sollen ordentlich von außen verschlossen werden, damit der auftretende Wasserdruck keinen Schaden anrichten kann. Die Steifigkeit und Festigkeit, die kann dann durch drüber laminieren auf der Innenseite hergestellt werden. Mit Fendern und leeren Wasserkanistern die ich unter dem Rumpf befestige, gelingt es mir das Boot vorne um ca. 10cm anzuheben. Außerdem befestige ich den Anker an der Heckklampe, damit nicht der Zug der Kette das Boot vorne tiefer drückt. Nach 2 Tagen ist alles dicht und fest und ich kann mich endlich um die Sehenswürdigkeiten in Galapagos kümmern.

Als erstes wird man von den überall anwesenden, ach so herzig süßen Seehunden begrüßt. Einer ist mir schon 3 Meilen vor dem Ankerplatz entgegen gekommen. Lässig auf dem Rücken schwimmend, die Flossen auf dem Bauch gelegt schwimmt er neben mir und lässt sich die Sonne auf den Bauch scheinen. Und sie sind ja wirklich lieb wenn sie so in der Sonne liegen oder aufs Boot wollen. Neulich nachts werde ich munter und denke mir wieso schnauft da jemand, ich bin doch gestern allein nach Hause gegangen soweit ich mich erinnern kann. Ich drehe mich also um, um das Rätsel zu lösen, liegt so ein 300kg Brocken einen knappen Meter neben mir, bei der Eingangstüre. Er schnaubt wie wild, war ihm wohl ein wenig zu mühsam um 3 in der Früh aufs Boot zu klettern. Mich reißt es ordentlich, doch nach 2 Sekunden springe ich aus dem Bett und vertreibe den nächtlichen Eindringling. Der Gestank den das liebe Viecherl hinterlassen hat braucht den Vergleich mit einer Fischfabrik nicht zu scheuen.
Um ähnliche Vorfälle in Zukunft auszuschließen, habe ich am nächsten Tag einen alten Bergbauern Trick angewendet. Seit vielen Jahren liegt in einer Schuhschachtel eine Alarmanlage die als Bestandteil auch einen Weidezaun Hochspannungsteil mit 2000 Volt Ausgangsleistung enthält. Ich baue also das Gerät von Kuh auf Seehund um, und seit diesem Tag kommen die Hunderln nur mehr bis zur untersten Plattform der Heckstufen. Jedes mal wenn sie weiter rauf wollen, geben sie so einen komischen Laut von sich und springen dann sehr schnell wieder ins Wasser.

 
Die Tierwelt ist natürlich das große Erlebnis hier. Echsen in allen Farbschattierungen und Größen bis 1,5 Metern laufen hier frei durch die Gegend. Beeindruckend auch die riesigen Schildkröten die inzwischen schon in eigenen Gehegen aufgezogen werden um ihren Fortbestand auch für die kommenden Generationen zu gewährleisten.
Riesige Fregattvögel die mit einer unglaublichen Flugtechnik stundenlang in der Luft bleiben können, ohne auch nur einen einzigen Flügelschlag. Selbstverständlich kreucht und fleucht hier noch alles mögliche an Getier durch die Landschaft von dem ich nichts gesehen habe.

Die Galapenos sind überaus freundlich und hilfsbereit. Es scheint, trotz des inzwischen schon recht ansehnlichen Tourismus, als existiert das Wort Hektik einfach nicht.
Für mich wird es Zeit weiter zu segeln. Das bedeutet die letzten Besorgungen machen, frisches Obst und Gemüse, Eier, Wurst, Fleisch, Huhn sowie Benzin einkaufen bevor es weiter geht. Übrigens ist der Benzinpreis für Segler 3mal so hoch wie für die Einheimischen und der Dieselpreis 5 mal so hoch – und trotzdem billiger wie in Österreich !! Wie gibt’s das?? Nun die Einheimischen bekommen ihn Steuerfrei.
Das sollte in Österreich auch eingeführt werden, steuerfreier Sprit für alle geborenen Österreicher!!

Ich hoffe dass mich diesmal die Funkanlage nicht im Stich lässt und ich auch von unterwegs Beiträge schreiben kann. Die Überfahrt zu den Marquesas - Französisch Polynesien – wird ca. 3 Wochen dauern, sofern alles normal verläuft.

Ich würde mir auch wünschen, dass zu meinem Geschreibsel der eine oder andere Kommentar kommt. Ich bekomme ja das Gefühl ich schreibe nur für mich selbst, was aber keineswegs der Fall ist. Also bitte nicht so schüchtern. Es wundert mich einfach, da säuft man fast ab und dann kommt nicht ein einziger Kommentar?? Interessiert das keinen? Ist es so schlecht geschrieben? Ist euch das alles wurscht?
Übrigens, aber das habt ihr ja inzwischen sicher selber rausgefunden, durch klicken auf die Fotos werden sie größer.

Also bis bald dann auf Hoher See
Euer Chico