Als Erstes und Wichtigstes der Idiotentest. Wenn du Wasser im Schiff hast koste ob es Salzwasser oder Süßwasser ist. Kann ja auch irgendwo bei den heftigen Regenfällen reingekommen sein. Leider ist es bei mir Salzwasser. Und dann sehe ich auch schon die Risse im Bug. Bei jedem eintauchen in eine Welle wird Wasser ins Innere gepumpt. Ich muss sofort Fahrt aus dem Schiff nehmen damit der Wasserdruck auf die Risse weg ist. Ich binde das 3.Reff ein und drehe dann bei. So mache ich nur mehr ganz wenig Fahrt und die eindringende Wassermenge verringert sich sofort. Denn renne ich auch schon um Epoxi und Glasfasermatten, Pinsel, Arbeitshandschuhe, Mischgefäß und grobem Schleifpapier zu holen. Zum Glück fällt mir ein, dass Nachdenken meistens zielführender ist als einfach drauflos zu arbeiten.
Ich bin überrascht über mich. Ich bekomme Wasser ins Schiff, ganz vorne, unter der Wasserlinie, wo es am gefährlichsten ist, kann also jederzeit absaufen wie ein Hund und bin trotzdem völlig ruhig. Es geht jetzt darum den Schaden so zu reparieren, oder zumindest zu verringern, dass ich sicher bis nach Galapagos komme. Ich überlege mir verschiedene Varianten und entscheide mich dann für folgendes. Als erstes werde ich im obersten Bereich, am Ende der Risse etwa 20 cm über der Wasserlinie, abschleifen und ein paar Matten quer drüber laminieren. Damit soll verhindert werden, dass sich die Risse vergrößern, das System instabiler wird und im schlimmsten Fall ganz aufreißt. Anschließend laminiere ich mehrere Lagen über die Risse und dann kommt der wirklich schwierige Teil. Die Reparatur unterhalb der Wasserlinie. Ich habe nur Epoxi an Bord, kein Polyester, was in diesem Fall vorteilhaft wäre. Am Idealsten wäre natürlich unter Wasser aushärtendes Epoxi. Polyester hätte den Vorteil dass es einfach durch Zugabe einer grösseren Härtermenge innerhalb weniger Minuten aushärtet, während es bei meinem Epoxi etwa 1 Stunde dauert. Ich suche mir ein Stück Aluminium Blech und biege es in Form passend zum Rumpf. Danach wird noch ein Stück dickes Neopren von meinem alten Surfanzug auf das Blech geklebt und das ganze mit einer langen Holzlatte gegen das Loch gepresst und verspannt. So kann während die getränkten Matten über dem ganzen Teil aushärten kein Wasser mehr eindringen.
In der Folge geht es gut voran, immer so 20 Knoten Wind aber immer hart am Wind segeln. Es geht mit guten 6-7 Knoten dahin, leider nur durchs Wasser und nicht über Grund. 2-3 Knoten Gegenstrom bremsen mich ganz gewaltig und so erreiche ich auch an den restlichen Tagen nur geringe Etmale.
Am 16.5. um 03:30 plötzlich der AIS Alarm. Der 274 Meter Tanker Max Jacob ist genau auf Kollisionskurs mit mir. Ich rufe ihn per Funk an und ersuche ihn hinter mir vorbei zu fahren. Kein Problem meint der gute Mann, ändert seinen Kurs – nur leider auf die falsche Seite. Allmählich wird es eng, die Zeit wird knapp. Als ich ihn wieder rufen will hat er seinen Fehler gerade selbst entdeckt und bringt das riesige Teil auf den rechten Kurs. Noch ein kurzes Danke und ein Plausch am Funk, er gibt mir noch den neuesten Wetterbericht durch und dann ist er auch schon wieder verschwunden.
Insgesamt 999 Seemeilen, 12 Tage und 4 Stunden ergibt einen schmählich langsamen Schnitt von nur 3,42 Knoten.
Übrigens habe ich heute Früh erfahren, dass einen Tag nach mir ein anderer Katamaran ebenfalls auf einen Baum gedonnert ist. Ihm hat es beide Ruder weg gerissen. Er war somit manövrier unfähig und er musste abgeborgen werden. Da habe ich also wieder richtig Glück gehabt.